„Sagen Sie mal, wieviele Tiere haben Sie eigentlich??“, die ältere Dame hinter mir an der Kasse bei Fressnapf bückt sich, um mir zu helfen, die runtergekullerten Dosen einzusammeln, die ich Depp typischerweise kurz vor dem Kassieren hab runterfallen lassen.
Wieso sind eigentlich die Kassen bei Fressnapf bzw die Ablageflächen immer so klein?!

„Ähm, so einige“, keuche ich und versuche genervt, die Kauknochen aus der Ecke zu fischen, während die Kassiererin unbeeindruckt weiterkassiert.

„Ach und wieviele? Haben Sie einen eigenen Hof?“, die ältere Dame ist offenkundig sehr in Gesprächslaune und ehrlich interessiert.
„Ach, das wäre schön“, seufze ich. „Ein Hof für die Pferde, die Katzen und die Hunde. Ja, das wäre toll.“

„Pferde?? Oh das ist ja herrlich! Unsere Hunde sind auch ständig bei den Pferden, das passt wunderbar, das kann ich Ihnen sagen“, begeistert sich die sympathische Dame. Wir grinsen uns an und die Kassiererin wirft einen kurzen Blick auf uns und dann auf den Rest meines Einkaufes. Ich schiebe dezent zwei neue Leinen und Geschirre aufs Band und bin endlich fertig.
„Machen Sie ganz in Ruhe, ich habe Zeit“, die Dame winkt ab und kramt dabei in ihrer Tasche nach Fotos von ihren Lieblingen. „Und was meinen Sie mit, ab morgen?“
Und so kommen sie und ich ins Gespräch, denn nicht nur mein Einkaufswagen ist übervoll, sondern auch mein Herz.

Denn morgen ist der Tag der Tage.
Sonntag, der 04. November 2019 – der Einzug von Kira und Tasha in ihr neues Zuhause, zwei Mischlings/Geschwisterhunde aus dem Tierheim Brest, beide zu dem Zeitpunkt knapp sechs Monate alt und schon seit gut einiger Zeit in Deutschland, da die Erstvermittlung hier nicht geklappt hat.
Aus welchen Gründen, ist mir offengestanden bis heute unklar.
Denn wenn ich mir gut zwei Jahre später anschaue, wie sich meine beiden Mädels entwickelt haben, wie unfassbar schnell sie sich in ihr neues (und erstes richtiges) Zuhause eingelebt und angepasst haben, wird mir immer noch warm ums Herz.
Denn die zwei hatten so gut wie vor allem Angst. Angst vor grossen knarrenden Türen, Angst vor Strassen, Autos, lauten Menschen – und am meisten Angst, etwas falsch zu machen und wieder irgendwo hin geschickt zu werden.
Wie am besten zwei schüchternen Hundeherzen vermitteln, dass sie ab sofort und für IMMER eine neue Heimat haben werden?
Wie diesen Tieren, die so früh und unverdient einen schlechten Start ins Leben hatten, beibringen, dass sie nie wieder Angst haben müssen? Und das alles gut wird?

Ich wusste es in den ersten Tagen wirklich nicht. Aber was ich wusste, war, dass es klappen würde. Denn vom ersten Moment an war mir klar, dass diese zwei zu mir gehören, egal, wie entsetzt mein Umfeld reagieren würde.
Und ich bin stolz und glücklich zu sehen, wie aus Aura und Erika Kira und Tasha wurden. Mit allen Höhen und Tiefen, die dazugehören.
Zwei selbstbewusste und fröhliche Hündinnen, die zwar immer noch schnell schüchtern reagieren (große Menschenansammlungen, hüpfende Kinder und Jogger sind nach wie vor ein Thema – besonders für Tasha, aber auch das kriegen wir hin) – die ihre Tier-& Menschenfamilie bedingungslos lieben, mit ihren Geschwisterkatzen kuscheln, sich das Fensterbrett teilen und aus der Spindlersfelder Hundecommunity schlichtweg nicht mehr wegzudenken sind.
Was die beiden geleistet haben, ist aus Menschensicht ein wirkliches Wunder. Wie unglaublich sensitiv Tiere zu reagieren in der Lage sind, wie extrem genau sie uns lesen und verstehen, kann nicht hoch genug gewürdigt werden.

Danke an Kirsten, die das Kennenlernen der Hunde überhaupt erst möglich gemacht hat, Danke an Henry, Anja und Hannah von AnimalHelp e.V., die Kira und Tasha in den ersten Übergangstagen privat bei sich aufgenommen und aufgepäppelt haben und es dadurch ermöglichten, dass die beiden behutsam ins neue Zuhause ankommen durften. Danke an die wunderbaren Mitarbeiterinnen in Brest, die die zwei Mädels als ausgesetzte Welpen von der Strasse holten und sie bestmöglich im Tierheim versorgten – was ihr leistet, ist kaum in Worte zu fassen.

„Ich wünsche Ihnen alles Gute und ganz viel Erfolg mit Ihren Hunden! Sie schaffen das!“
Das Gespräch mit der herrlich sympathische ältere Dame ist mir bis heute im Gedächtnis geblieben – und letztendlich dieser eine letzte Satz der bis dahin schweigsamen Kassiererin, die mir nach dem Bezahlen stillschweigend mehrere Decken und Hundeleckerlis mit diesen Worten rüberreichte und sich bis heute als Fan von Kira und Tasha outet.

Wir freuen uns weiterhin auf all das, was da so kommen mag und wünschen allen, die das hier gelesen haben, eine wunderbare Adventszeit.

Die Pfoten-&Hufenkuschelgang Kira, Tasha, Peewee, Piper, Fina & Andvari.

Oh und ich. 😉